Die offizielle Mitteilung des BVB war nur wenige Zeilen lang, der Inhalt nach den Querelen der vergangenen Wochen und Monate erwartbar: Nach nur zehn Monaten trennt sich Borussia Dortmund von Kaderplaner Sven Mislintat.
Zweite BVB-Amtszeit wieder vorbei
Gerade einmal fünf Zeilen lang ist die Mitteilung, die Borussia Dortmund am Donnerstagnachmittag auf der eigenen Vereinshomepage veröffentlichte. Der Inhalt: Der BVB trennt sich mit sofortiger Wirkung von Kaderplaner Sven Mislintat. Dies habe Sport-Geschäftsführer Lars Ricken ihm in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt. Überraschend kam diese Meldung nach den Querelen der vergangenen Wochen und Monate nicht. Vielmehr war absehbar, dass die zweite Amtszeit des 52-Jährigen beim BVB nach nur zehn Monaten wieder enden würde.
Watzke forderte Geduld
Erst am Vortag hatte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke auf der Spobis in Hamburg zugegeben, dass das Zusammenspiel zwischen Ricken, Sportdirektor Sebastian Kehl und Mislintat nicht ideal sei. Es gehe „einzig und allein“ um die Frage: „Harmonieren die drei miteinander?“, sagte Watzke – und schob seine eigene Einschätzung der Lage gleich hinterher: „Das ist noch optimierungsbedürftig.“
Bei der Präsentation des neuen Trainers Niko Kovac, bei der Ricken und Kehl ebenfalls auf dem Podium saßen, hatte Ricken am Dienstag Kehl und Mislintat noch in Schutz genommen, ohne ihre Namen explizit zu nennen: „In den vergangenen Wochen wurden Mitarbeiter teils arg diskreditiert durch Sachen, die nicht der Wahrheit entsprachen“, sagte der Sport-Geschäftsführer und stellte fest, „dass in den letzten Wochen viele Entscheidungen getroffen wurden, bei denen wir zusammenstanden und uns Rückendeckung gegeben haben“. Eine klare Aussage aber über personelle Konsequenzen, die aufgrund der vielen Durchstechereien und des internen Misstrauens unausweichlich schienen, vermied er – und reichte sie am Donnerstag durch das Aus für Mislintat nach.
Erst im Mai 2024 hatte Mislintat, der ein Vertrauter des damaligen Trainers Edin Terzic ist, seine Stelle angetreten. Als Kaderplaner und Technischer Direktor sollte er mithilfe seines Netzwerks und seiner Expertise beim Aufspüren neuer Talente der sportlichen Leitung um Ricken und Kehl zuarbeiten. Kurz darauf trat Terzic zurück und der bisherigen Assistent Nuri Sahin übernahm den Trainerposten.
Mislintat soll Kompetenzen überschritten haben
Es dauerte nicht lange, ehe erste Berichte über Misstöne zwischen den Verantwortlichen der Borussia in der Öffentlichkeit kursierten. Unter anderem hieß es, Mislintat habe sich nicht an interne Absprachen gehalten und seine Kompetenzen überschritten. Auch wenn der Klub dementierte: Ricken formulierte in der Folge die Arbeitsbereiche innerhalb der sportlichen Leitung schriftlich aus, um für Klarheit zwischen den Beteiligten zu sorgen. Dennoch galt nicht erst seit diesen früheren Saisonwochen das Verhältnis zwischen Kehl und Mislintat als schwer belastet.
Dass der BVB nach langen Verhandlungen im Januar den auslaufenden Vertrag von Kehl bis 2027 verlängerte, sicherte ihm in der sportlichen Krise der vergangenen Wochen seine Stellung. Anders als Sahin durfte Kehl bleiben und die Arbeit des aktuellen Transferfensters verantworten. Bei der Trainersuche, die federführend Ricken übernahm, war er ebenfalls involviert, indem er mit Kovac über potenzielle Neuzugänge sprach.
Intern allerdings lautete die klare Ansage an Kehl und an Mislintat, dass ihre Arbeit unter genauer Beobachtung stünde und sie nach Transferschluss bewertet würde – mit dem bitteren Ende für Mislintat, der den Klub nach 2017 ein zweites Mal verlassen muss. Kehls Stellung ist dadurch ein weiteres Mal gestärkt worden, dennoch wird er sich in den kommenden Monaten weiter beweisen müssen, um seine Skeptiker zu überzeugen.
Personalentscheidungen dürften Dortmunds Probleme nicht lösen
In seiner ersten Amtszeit hatte er sich als Chefscout des BVB national wie international einen Namen gemacht und zahlreiche Talente wie Shinji Kagawa, Ousmane Dembelé oder Jadon Sancho entdeckt. Doch bereits damals eckte der meinungsstarke Charakter an, vor allem in der Zusammenarbeit mit Thomas Tuchel kam es zu Streitigkeiten, die seinen Abgang bei der Borussia einleiteten. Zwischen seinen beiden Amtszeiten in Dortmund arbeitete Mislintat für den FC Arsenal, den VfB Stuttgart und Ajax Amsterdam.
Ob durch die Trennung von Mislintat und die Verpflichtung von Kovac als neuem Trainer nun Ruhe in Dortmund einkehren wird, dürfte die spannendste Frage der nächsten Wochen werden. Denn die Probleme des Klubs dürften sich durch allein durch die Personalentscheidungen der jüngsten Vergangenheit nicht lösen lassen. Zumal Mislintat in der Hierarchie einen unteren Platz einnahm, auch wenn er – wie der externe Berater Matthias Sammer, den Ricken dazu aufforderte, seine Rolle als TV-Experte bei Dortmund-Spielen künftig ruhen zu lassen – Teil der regelmäßig stattfindenden Elefantenrunden der BVB-Verantwortlichen war.