Zum Jahresende geht es für den 1. FC Heidenheim im Bochum um drei wichtige Punkte. Da kommen die Irritation um Lennard Maloney sowie die Spekulationen Leonardo Scienza und Kevin Müller zur Unzeit.
Heidenheimer Ur-Tugend in Bochum gefragt
Das unwirtliche Wetter mit eisigem Wind und Schneetreiben am Tag nach dem 1:1 gegen den FC St. Gallen in der Conference League passt zur Lage des seit Monaten sieglosen 1. FC Heidenheim. Dass er es trotz einer ordentlichen Leistung mal wieder versäumte, diese schwarze Serie zu beenden, ficht Trainer Frank Schmidt mit Blick aufs Kellerduell in Bochum am Sonntag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) nicht an: „Ich freue mich wie ein kleines Kind auf dieses Spiel.“
Hinter dem FCH liegt in vielerlei Hinsicht ein Abend der verpassten Gelegenheiten: Das beginnt damit, dass der FCH es nach seiner mehr als verdienten 1:0-Führung mehrmals versäumte, „das Spiel zu killen“, wie Kapitän Patrick Mainka hinterher festhielt. Und so konnte eben in Form von einem leicht zu verhindernden Gegentor ein Party-Crasher daherkommen.
Nichts war es mit der direkten Qualifikation fürs Achtelfinale, die ein Sieg aufgrund der Ausgangssituation überraschend beschert hätte. So muss der FCH Mitte Februar in den Play-offs gegen den FC Kopenhagen ran, der in der vergangenen Saison Gegner der Bayern in der Champions League war. Und nichts wurde es auch mit dem erhofften Rückenwind fürs Bundesliga-Finale in diesem Jahr. Dass der FCH zumindest seine andere schwarze Serie von sieben verlorenen Pflichtspielen beenden konnte, war da ein schwacher Trost.
Busch und Breunig dürfen sich angesprochen fühlen von Schmidts Kritik
Und so ganz war der Ärger darüber bei Frank Schmidt am Tag danach nicht verraucht, speziell, was die Entstehung des Gegentors anbelangt: „Es gab klare Zuweisungen, die wir in dieser Situation einfach nicht eingehalten haben. Das darf auf diesem Niveau nicht passieren.“ Ross und Reiter nennt er nicht, verweist vage, dass dies nach getätigten Einwechslungen passiert ist.
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Wen er damit meinte, ist jedoch leicht zu ergründen: Erst ging Marnon Busch auf der rechten Seite nicht mit der notwendigen Intensität einen Zweikampf an, dann folgte in der Mitte Stürmer Maximilian Breunig dem aufgerückten Innenverteidiger Jozo Stanic nicht – und fertig war ein Gegentor der Marke „unnötig wie ein Kropf“.
Doch allzu lang mag sich Schmidt auch mit dem Ärger darüber nicht aufhalten: „Ich muss es ansprechen, aber danach ist nur Bochum das Thema.“ Und da müssen er und sein Stab die Vorgabe erfüllen, die der Kapitän aufgestellt hat. „Da müssen jetzt die herausgefunden werden, die zu hundert Prozent bereit sind, in diesem harten Fight bestehen zu wollen“, hielt Mainka unmittelbar nach dem 1:1 fest.
Schmidt würde Mainka wohl am liebsten klonen
Das Gute an der Aufgabe tief im Westen: Der FCH weiß genau, was auf ihn zukommt. Da ist erstens Intensität gefragt und zweitens Intensität – und der Wille, sie zu jeder Sekunde anzunehmen. „Ich finde die Konstellation reizvoll, dass wir erst mal etwas zu verteidigen haben. Und dies in jedem Zweikampf mit allem, was wir haben. Um dann im Idealfall, unseren Vorsprung auszubauen“, betont Schmidt. Dass er dabei nur Akteure brauchen kann, die mit jeder Faser ihres Körpers bestehen und der Mannschaft helfen wollen, versteht sich von selbst.
So wie Mainka, der gegen St. Gallen mal wieder ein Kapitän war, wie er im Bilderbuch steht (kicker-Note 1,5). Vorne wie hinten war er zu finden, sich in Zweikämpfe werfend, anfeuernd und antreiben. Oder schlicht „imponierend“, wie Schmidt sagt, der wohl Mainka am liebsten klonen würde.
Maloney wird Heidenheim wohl im Winter verlassen
Ein anderer einstiger Lieblingsschüler von ihm indes ist nach seiner Meinung nicht mehr bereit dafür: Lennard Maloney, der widerstandsfähige Aufräumer vor der Abwehr, der unter Schmidts Regie vom Drittliga-Spieler zum Erstliga-Akteur und US-Nationalspieler reifte.
Im Sommer machte Schmidt den 25-Jährigen nicht umsonst zum Vize-Kapitän, der gebürtige Berliner verkörperte schließlich die Spielweise des FCH wie kaum ein anderer. Nur: Mentalitätsmonster war gestern, seit Wochen ist Maloney nicht mehr der Alte, parallel zu dem Umstand, dass er dem Verein mitteilte, seinen auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern.
Letzteres spielt für Schmidt keine Rolle, das „ist normal im Profi-Fußball“ – sehr wohl aber, dass Maloney aktuell mit dem Kopf nicht mehr so recht bei dem FCH ist. „Ich kann keinen brauchen, der sich mit anderen Dingen beschäftigt“, erklärt Schmidt, warum er seinen einstigen Lieblingsschüler nicht für St. Gallen nominierte und ihn auch nicht nach Bochum mitnimmt.
Bitter für Schmidt und den FCH, denn gerade beim VfL könnte er den alten Maloney bestens gebrauchen. So aber werden sich die Wege in der Winterpause trennen. Schmidt will dies zwar nicht bestätigen, muss er aber auch nicht, so offensichtlich wie sich die Causa darstellt.
Wechselt Scienza in seine Heimat?
Am 23. Dezember, dem Tag nach dem Bochum-Spiel, werden sich Vorstandsboss Holger Sanwald und Schmidt zusammensetzen, um über die weitere Zusammensetzung des Kaders zu sprechen. Dass es Bewegungen geben wird, hat Sanwald bereits angekündigt. Dass sie für Heidenheimer Verhältnisse aber heftiger ausfallen werden als bislang in den Winter-Transferperioden, davon kann man nicht nur wegen Maloney ausgehen.
So gesehen passen auch Gerüchte ins Bild, die derzeit auf dem Transfermarkt die Runde machen. So sollen brasilianische Erstligisten an Offensiv-Allrounder Leonardo Scienza dran sein und für den 26-Jährigen rund fünf Millionen Euro geboten haben. Ob dies der Grund dafür ist, dass der flinke Dribbler zuletzt abbaute und sich mehrmals in eine aussichtsreiche Situation spielte, um sie zögerlich wie zaudernd ungenutzt zu lassen?
Letzteres könnte aber auch schlicht damit zusammenhängen, dass der Sprung von der 3. in die 1. Liga ein gewaltiger ist und Scienza nach verheißungsvollem Auftakt eine kleine Delle in seiner Entwicklung hat. Sollte das mit den Angeboten aber stimmen und es den Brasilianer in seine Heimat ziehen, wird der sensible Techniker vom Kopf wie vom Gefühl her nicht mehr zu hundert Prozent beim FCH sein.
Müller schlug Vertragsverlängerung aus
Dann wiederum ist ein Transfer unausweichlich, zumal der den Heidenheimern einen satten Gewinn bescheren würde. Zur Erinnerung: Sie haben Scienza im Sommer für 500.000 Euro vom damaligen Drittligisten Ulm geholt. Allerdings sind dies noch reine Spekulationen, denn dem FCH liegt bislang kein Angebot vor.
Neben Maloney hat übrigens mit Keeper Kevin Müller auch eine Vereins-Ikone ein Angebot auf Vertragsverlängerung ausgeschlagen. Somit verwundert es nicht, dass sich der FCH auf dem Torhütermarkt umsehen soll. Im Visier soll er Ex-Bayern-Keeper Christian Früchtl (24, US Lecce) und Marcel Lotka (23, BVB II) haben.
Für die Winterpause? Schwer vorstellbar, denn selbst wenn der 33-jährige Müller im Sommer nach zehn Jahren Heidenheim noch einmal etwas anderes machen wollen sollte, so wird er doch bis zum letzten Tag alles für den FCH geben.