Die aktuellen Zahlen der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) zur Sicherheit im Fußball zeigen mehr Verletzte auf. Das macht einen Stadionbesuch aber nicht grundsätzlich gefährlich.
Jahresbericht der ZIS veröffentlicht
Rund zehn Tage nach dem Gipfel zwischen Fußball und Politik in München hat die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) ihren jährlichen Bericht zur Sicherheitslage in den deutschen Stadien veröffentlicht. Die Sorgen der Innenminister-Konferenz kann er nur bedingt bestätigen.
Zumindest auf den ersten Blick ist die Lage klar: Während des Ligaspielbetriebes der ersten drei Ligen wurden in der Saison 2023/24 insgesamt 1338 Personen verletzt, davon 306 Polizistinnen und Polizisten, ein Anstieg von 13,8 Prozent im Vergleich zu den 1176 Verletzten der Vorsaison. Inklusive DFB-Pokal, UEFA-Klubwettbewerben, Länder- und sonstige Spielen an den Standorten der ersten drei Spielklassen sind es 1509 verletzte Personen, 150 mehr als in der Saison zuvor. “Insbesondere bei Polizei- (plus rund 39 Prozent) und Ordnungskräften (plus rund 98 Prozent) sind im aktuellen Berichtszeitraum hohe Steigerungen zu beobachten”, heißt es im Bericht.
“Wenn wir uns alle Kennzahlen anschauen, sind wir überall im roten Bereich”, bilanziert Polizeidirektor Oliver Strudthoff, Leiter der ZIS .”Das bedeutet, dass sich die Sicherheitslage im Vergleich zur Vorsaison nicht entspannt, sondern verschlechtert hat.”
Deutlich mehr Zuschauer in den Stadien
Dieser Anstieg aber muss differenziert betrachtet werden: Zum einen stieg in den ausgewerteten 1150 Partien von Mannschaften der ersten drei Spielklassen in Liga, DFB-Pokal und internationalen Begegnungen die absolute Zuschauerzahl von circa 26,48 Millionen auf circa 28,65 Millionen um etwa 8,2 Prozent. Zum anderen ist der Anstieg der Verletzten auch mit einzelnen Zwischenfällen zu erklären.
So kam es bei der Bundesliga-Begegnung zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart am 25. November 2023 bei einer Auseinandersetzung von Polizei, Mitarbeitern des Ordnungsdienstes sowie Rettungssanitätern und etwa 40 vermummten Frankfurter Störern laut Bericht zu 116 verletzten Personen, davon mehr als 50 Polizeibeamte und Ordnungskräfte und viele unbeteiligte Fans. Das entspricht fast 10 Prozent der Gesamtzahl an verletzten Personen bei einer einzigen Partie.
Das Gewalt-Problem ist nicht flächendeckend
Diese Zahlen lassen also den Schluss zu, dass es weiterhin punktuell ein Gewalt-Problem im deutschen Fußball gibt, aber eben kein flächendeckendes, wie es aus Sicht der Politik oft behauptet wird. Auch die Gefahr durch Pyrotechnik ist bei aller Brisanz des Themas nicht so hoch wie es der Ausmaß des öffentliches Diskurses annehmen lässt, in der Statistik entfallen darauf 114 Verletzte. Zum Vergleich: Durch Einsatz von polizeilichem Reizstoff wurden 153 Personen verletzt, davon 71 sogenannte Störer, 45 Polizisten, 10 Ordner und 27 Unbeteiligte.
Die Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren stieg von 6549 auf 7351, die der freiheitsentziehenden und -beschränkenden Maßnahmen sank allerdings von 8101 auf 6513.
Fingerzeig bei Stadionverboten
Interessant ist ein Hinweis im Bericht in Bezug auf die nach Mitteilung des DFB 370 ausgesprochenen Stadionverbote. “Im Hinblick auf die Gesamtzahlen der im Berichtszeitraum eingeleiteten Strafverfahren und der durchgeführten freiheitsentziehenden/beschränkenden Maßnahmen ist das Niveau der Stadionverbote dennoch ein Indiz dafür, dass Verbände und Vereine die Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten weiterhin nur selten anwenden und somit dieses präventive Instrument weitestgehend ungenutzt lassen”, heißt es. 76 der 370 Stadionverbote seien zudem wieder ausgesetzt worden.
Ein Ergebnis des Gipfels zwischen Politik und Fußball war es, dass das Aussprechen der Stadionverbote zukünftig nicht mehr wie bisher in der Hoheit der Vereine als Ausrichter der Spiele liegen soll, sondern in eine zentrale Stadionverbotskommission für Bundesliga und 2. Liga ausgelagert werden soll. Die Besetzung ist noch offen, Fan-, Klub- und Verbandsvertreter sollen dort wohl nicht mehr vertreten sein. Das hat auf Seiten von Vereinen und Fans bereits für Verwunderung und Ärger gesorgt.