Der Konkurrenzkampf ist enorm. Doch für einige Hochkaräter blieb bislang fast immer nur ein Platz auf der Ersatzbank. Gegen Kiel könnte Leverkusens Trainer Xabi Alonso dies ändern. Doch es gibt gute Argumente für und gegen eine starke Rotation.
Auf Leverkusens Bank schmoren die Hochkaräter
Vor Jahresfrist war Jonas Hofmann in aller Munde. Nach fünf Spieltagen standen für den damaligen Zugang aus Gladbach mit zwei Treffern und drei Assists fünf Scorerpunkte zu Buche. Der heute 32-Jährige war ein entscheidender Faktor für Bayers Blitzstart in die Saison, die schließlich mit dem Gewinn des Doubles endete.
Jetzt stellt sich die Situation für den Offensivakteur ernüchternd dar: Ein Startelfeinsatz in der Liga zum Auftakt beim 3:2 in Gladbach. Ein Startelfeinsatz im DFB-Pokal beim 1:0-Sieg in Jena, wo der Rechtsfuß mit seinem Kopfball das Weiterkommen sicherte. Doch das war es dann auch. Seit jenem 28. August darf der Nationalspieler, der letztmals im Herbst 2023 von Bundestrainer Julian Nagelsmann berufen wurde, nur noch zuschauen in Leverkusen.
„Es müssen viele Spieler warten im Moment, aber wir brauchen sie.“ (Xabi Alonso)
Xabi Alonso weiß generell um das Problem. „Es ist nicht einfach für Jonas. Aber es müssen viele Spieler warten im Moment. Es ist ein lange Saison. Wir brauchen sie. Jonas ist bereit. Es ist meine Entscheidung. Bis jetzt hat er nicht viel gespielt, aber er muss bereit sein.“ Um die Chance zu nutzen, wenn sie denn kommt.
Hofmann ist nicht der einzige etablierte Spieler der leiden muss. Auch Mittelstürmer Patrik Schick, der 20121/22 in 27 Ligaspielen insgesamt 24 Treffer erzielte, ist ebenfalls nun noch ein Edelreservist. Zwei enttäuschende Startelfeinsätze gegen Wolfsburg (4:3) und in Jena. Dazu drei Auftritte als Joker, bei denen er ebenfalls keine Werbung für sich machen könnte.
Schick wartet noch auf seinen ersten Scorerpunkt, während der bei Xabi Alonso deutlich höher im Kurs stehenden und variableren Victor Boniface in allen Wettbewerben bereits fünf (4/1) gesammelt hat. Nicht nur deshalb ist Schick nur die Nummer 2 fürs Sturmzentrum. Xabi Alonso sieht den variableren Boniface für seinen Kombinationsfußball besser geeignet.
Mukiele ist derzeit wohl nur Innenverteidiger Nummer 5
Nach Hofmann und Schick ist Nordi Mukiele der dritte im Bunde. Ausgeliehen von PSG, erlebte der Franzose gegen Wolfsburg ein Horror-Startelfdebüt (kicker-Note 5,5). Xabi Alonsos Dreierabwehr steht mit Hincapie, Tah und Tapsoba wie in Stein gemeißelt. Zudem hinterließ auch Talent Jeanuel Belocian (19) bislang eine besseren Eindruck, so dass Mukiele, in Leipzig einst ein Leistungsträger, derzeit nur die Nummer 5 unter Leverkusens Innenverteidiger ist.
Das sind die drei prominentesten Härtefälle. Dazu kommt mit dem brasilianischen Nationalspieler Arthur (ein Länderspieleinsatz) der nächste Profi, der mit seinen Einsatzzeiten natürlich unzufrieden ist. Eine mäßige Hälfte in Jena, eine Kurzeinsatz beim 2:3 gegen Leipzig. Deprimierend für den Profi, der eigentlich als potenzieller Hochkaräter gilt.
Chance für Kovar und Palacios ist wahrscheinlich
Die Frage ist nun: Wann bekommen das Quartett seine nächste Chance? Dass Ersatzkeeper Matej Kovar am Samstag gegen Kiel eine Bewährungsprobe erhält, ist wahrscheinlich. Der Tscheche soll sich entwickeln. Dazu wird es mehr brauchen als nur Einsätze im DFB-Pokal. Eine Rotation vor bzw. nach großen Champions-League-Spielen ist angedacht.
Auch Sechser Exequiel Palacios könnte erstmals nach seiner Meniskusoperation wieder in der Startelf stehen. Der Argentinier benötigt Spielpraxis, plant in Xabi Alonso doch als regelmäßigen Startelfspieler ein. Nach drei Kurzeinsätzen bietet sich de Partie gegen Kiel für den ersten Versuch in der Anfangsformation an.
Lange Pause, keine Reise: Die Physis erfordert keine Rotation
Doch was geschieht mit Hofmann, Schick und Mukiele? Die Frage ist: Lässt Xabi Alonso am Samstag wirklich so stark rotieren? Seit dem Milan-Spiel am Dienstag bleibt für die Stammkräfte genug Zeit zur Erholung. Reisestrapazen müssen die Stars auch nicht wegstecken. Der Spanier hat also in rein physischer Hinsicht wenig Grund zu wechseln.
Psychologisch sieht dies aber ganz anders aus. Bringt der Trainer das Trio auch nicht gegen Kiel, würde das jeden der drei Profis hart treffen. Denn nach der Länderspielphase folgt das potenzielle Topspiel gegen Eintracht Frankfurt und die Champions-League-Partie in Brest, bei der Bayer einen vorentscheidenden Schritt Richtung K.-o.-Phase bzw. Play-off-Runde gehen möchte. Zwei Partien, bei denen Xabi Alonso auf seine stärkste Elf setzen dürfte.
Noch nie beinhaltete Xabi Alonsos Elf so viele Fragezeichen
Und ob sich das anschließende Spiel in Bremen dann besser zum Rotieren eignet als die Partie gegen Schlusslicht Kiel, darf auch bezweifelt werden. So ist Xabi Alonso am Samstag fast schon gezwungen seinen drei Härtefällen zumindest lange Teileinsätze zuzugestehen, damit diese das Gefühl haben, wirklich wichtig in den Planungen des Basken zu sein.
Doch auch Akteure wie der rechte Flügelspieler Nathan Tella und der linke Defensivakteur Belocian (beide mit zwei Startelfeinsätzen und drei Einwechslungen)haben mindestens genauso große Ansprüche auf Einsatzzeit. Kovar und Palacios. Dazu auch noch Hofmann, Schick und Mukiele? Aber auch Arhur, Tella oder Belocian – alle seine Profis aus der zweiten Reihe wird Xabi Alonso, dem aktuell kein Spieler verletzt fehlt, am Samstag nicht zufriedenstellen können. Wohl noch nie war eine Aufstellung unter dem Basken mit so vielen Fragezeichen versehen.