An seinem letzten Arbeitstag als Finanzvorstand von Eintracht Frankfurt präsentierte Oliver Frankenbach Rekordzahlen zur Saison 2023/24. Der Umsatz kletterte auf 390,5 Millionen Euro, auch die Spielererlöse und der Gewinn nach Steuern sorgten für neue Bestmarken. Doch es ist nicht alles rosig.
Hellmanns launige Worte für seinen Kollegen
Für Oliver Frankenbach wurde es am Mittwochabend bereits vor dem Anpfiff des denkwürdigen DFB-Pokalspiels gegen Gladbach (2:1) emotional. Der Finanzvorstand, der an diesem Donnerstag auf eigenen Wunsch vorzeitig aus dem Amt scheidet, wurde im Stadion von seinen Vorstandskollegen und Präsident Mathias Beck verabschiedet. Dabei äußerte der 57-Jährige einen großen Wunsch: “Nächstes Jahr will ich als Fan im Berliner Olympiastadion die Eintracht im Finale sehen.” Mit dem 2:1-Erfolg gegen Gladbach sind die Hessen diesem Ziel einen Schritt nähergekommen. Letztmals stand der fünfmalige DFB-Pokal-Sieger Eintracht Frankfurt 2023 im Endspiel (0:2 gegen Leipzig).
“Mir läuft das Blut aus den Ohren”
Glaubt man den Worten von Vorstandssprecher Axel Hellmann, fieberte Frankenbach auch in seinem finalen Spiel als Funktionär mit wie ein heißblütiger Fan. “Wer glaubt, dass es in seinem letzten Spiel neben mir ruhiger geworden ist, der täuscht sich. Mir läuft ehrlicherweise das Blut aus den Ohren. Das ist nie anders gewesen, als ich neben ihm saß”, erzählt Hellmann mit einem Schmunzeln. Schon bei der Verabschiedung vor den Fans hatte er, selbst kein Kind von Traurigkeit, gegenüber seinem Kollegen gefrotzelt: “Im Spiel neben dir zu sitzen, kann mitunter eine große Qual sein, weil du jede Aktion kommentierst. Jeder Pass hätte besser gespielt werden können.”
Doch im Vordergrund steht bei allen Späßen natürlich der Dank für die Arbeit in über einem Vierteljahrhundert in Diensten der Eintracht: “Oliver Frankenbach ist in den letzten Jahrzehnten ein Garant für die Stabilität der Eintracht gewesen. Ihn mit einem Sieg zu verabschieden, ist auch eine persönliche Freude.”
143,2 Millionen Euro Transfererlöse
Am Donnerstag lud Frankenbach ein letztes Mal zur jährlichen Bilanzpressekonferenz ein – und präsentierte die Zahlen für die Spielzeit 2023/24. Trotz des “Abstiegs” von der Champions League in die Conference League erzielte der Klub einen Rekordumsatz in Höhe von 390,5 Millionen Euro (Vorjahr: 310,2 Mio.). Im Wesentlichen ist das auf die Transfererlöse in Höhe von 143,2 Millionen Euro zurückzuführen – ein Plus von 806,33 Prozent. An der Spitze thront der Verkauf von Randal Kolo Muani, dessen Ablöse inklusive Bonuszahlungen auf bis zu 95 Millionen Euro steigen kann. Noch nicht erreichte Boni sind in der Bilanz selbstredend nicht enthalten. Zur Einordnung des Umsatzes: In der Saison 2015/16 wurde erstmals die 100-Millionen-Marke durchbrochen (109,3 Mio.).
Das Eigenkapital stieg 2023/24 von 24,7 auf 51,6 Millionen Euro, der Gewinn nach Steuern von 17,6 auf 26,9 Millionen Euro – ebenfalls ein Rekordergebnis. Allerdings erhöhten sich auch die Finanzschulden gegenüber Kreditinstituten: von 48,6 auf 68,2 Millionen Euro. Davon sind noch etwa 30 Millionen Euro auf den Bau des Profi-Camps zurückzuführen. Frankenbach spricht von “tollen Zahlen” und einer “tollen Entwicklung”, aber euch “extremen Herausforderungen, wenn wir unter den Top-Klubs der Bundesliga bleiben wollen”. Die Gesellschaft müsse mit einer vernünftigen Liquiditäts- und Kapitalausstattung versorgt werden.
300 Millionen Euro Erlöspotenzial im Kader
Spannend ist der Blick auf die Entwicklung der Erlöspotenziale im Spielerkader. Internen Berechnungen zufolge stiegen sie von 73 Millionen Euro in der Saison 2020/21 auf 300 Millionen Euro in der aktuellen Spielzeit. In die Berechnung fließen Aspekte wie Alter des Spielers, Vertragslaufzeit und Einsätze in der Nationalmannschaft ein. Als Außenstehender lassen sich die Berechnungen im Detail zwar nicht nachvollziehen, allerdings dürften mittlerweile allein die beiden Stürmerstars Hugo Ekitiké und Omar Marmoush bei Verkäufen in der Summe um die 100 Millionen Euro einbringen. Die 300 Millionen Euro scheinen nicht zu hoch angesetzt.
Frankenbach verweist zum Vergleich auf die Buchwerte des Kaders in den Bilanzen zum 30. Juni eines jeden Jahres: 2020/21 lag dieser Wert bei 58 Millionen Euro, 2021/22 gar nur bei 39 Millionen Euro. Aktuell beträgt der zum Saisonende prognostizierte Buchwert des Kaders 96 Millionen Euro. “Da sieht man den Hebel, den wir verändert haben”, sagt Frankenbach. Was er meint: Die Erlöspotenziale im Kader sind deutlich stärker gestiegen als im gleichen Zeitraum die Buchwerte. Aktuell wird das Erlöspotenzial (300 Mio.) mehr als dreimal so hoch angesetzt wie der Buchwert des Kaders in der Bilanz (96 Mio.).
Ein Rekord auch bei den Personalkosten
Doch Qualität und Potenzial haben ihren Preis. Obwohl die Eintracht 2023/24 nicht mehr in der Champions League spielte, stieg der Personalaufwand um 18,23 Prozent auf 141,4 Millionen Euro. Wie groß das Risiko ist, sollte der sportliche Erfolg einmal ausbleiben, lässt sich schwer einschätzen. Wegbrechende TV-Einnahmen aus Europapokalspielen und im Misserfolg sinkende Spielerwerte könnten den Klub vor Probleme stellen. Wohl auch deshalb werden seit geraumer Zeit weitere Kapitalmaßnahmen geprüft. Die Liquidität und das Eigenkapital sollen gestärkt werden.
Frankenbach muss sich mit diesen Herausforderungen nicht mehr befassen, am 1. November übernimmt sein Nachfolger Julien Zamberk, der sich am kommenden Montag auf einer Pressekonferenz vorstellen wird. Frankenbach plant eine Auszeit, danach will er sich beruflich außerhalb des Fußballs neu orientieren. “Die Hauptintention meines Aufhörens liegt darin, dass ich mehr Zeit für mich persönlich haben will. Dieser Job frisst einen sieben Tage die Woche auf. Für die Familie bleibt kaum Zeit”, sagt Frankenbach. Über 26 Jahre in Diensten der Eintracht, davon gut neun Jahre als Finanzvorstand, kosteten viel Kraft. Emotional wird er der SGE allerdings nicht verloren gehen: “Mein berufliches Dasein endet, aber meine Liebe zur Eintracht wird nicht erlöschen. Ich freue mich darauf, nur noch Fan sein zu können und nicht mehr alles mit nach Hause zu nehmen.”