Zum Inhalt springen Zur Seitenleiste springen Zur Fußzeile springen

Zerrüttetes Team, ratloser Trainer: Wolfsburgs nächster Schritt in Richtung Abgrund

Der VfL Wolfsburg ist raus aus dem Pokal, die Stimmung ist desolat: Wer ist Teil des Problems, wer kann noch Teil der Lösung sein?

Das sagt Boss Christiansen nach dem Pokal-Aus

Wo soll man anfangen nach diesem Abend? Der VfL Wolfsburg ist raus aus dem DFB-Pokal gegen den Zweitligisten Holstein Kiel (0:1), und für viele im Stadion und rund um den Bundesligisten herum kam diese Niederlage nicht einmal überraschend.

Ja, die Mannschaft hatte am Wochenende zumindest ein kämpferisches Lebenszeichen in Hamburg (1:0) gesendet, war aber auch in diesem Spiel fußballerisch desolat unterwegs. Und lieferte nun im Pokal den nächsten katastrophalen Auftritt. Es war der nächste Schritt des VfL in Richtung Abgrund. Es präsentiert sich ein offenbar zerrüttetes Team, ein ratlos erscheinender Trainer und ein Boss, der irgendwie hofft, dass irgendwas besser wird.

Müller: „Das ist Fußball, das müssen wir langsam kapieren“

Nur wie? Torwart Marius Müller, der den am Oberschenkel verletzten Kamil Grabara vertrat, nahm nach dem Spiel kein Blatt vor den Mund. „Wir haben nicht kapiert, was am Samstag in Hamburg passiert ist“, sagte der Schlussmann. „Wir dachten, jetzt ist das Ding gekippt und jetzt machen wir mal locker Kiel weg. Nein, das ist Fußball und das müssen wir langsam kapieren.“

Ein Teil des Kaders scheint dies nicht verinnerlicht zu haben, der fußballerische Anspruch ist mittlerweile schon gar nicht mehr da, mittlerweile geht es erst einmal nur darum, die richtige Einstellung auf den Platz zu bringen. Und selbst das scheint aktuell schon eine zu große Herausforderung zu sein. Die Mannschaft, so macht es den Eindruck, kriegt es untereinander nicht geregelt, es soll große disziplinarische Defizite geben. „Was soll ich machen?“, fragt Müller, er könne niemandem „auf die Schnauze hauen, denn dann kann ich rüber ins Werk gehen und meinen Vertrag abholen“. Frust pur.

Es sind Sätze, die das bestätigen, was schon seit einiger Zeit die Runde macht. Das Wolfsburger Team ist untereinander zerrüttet, keine Einheit, die gemeinsam für den VfL durchs Feuer geht. Verschiedene Grüppchen, die sich nicht grün sind. Konkret gefragt: Ist die Mannschaft ineinander stimmig, dass sie sich als Team aus dieser Situation befreien kann? Müller: „Das sollte hoffentlich der Fall sein, ja.“ Aber sicher ist er sich nicht? Seine vielsagende Antwort: „Dazu sage ich nichts.“

„Du musst diesen Turnaround über ganz dreckige Arbeit schaffen. Da geht es nicht mehr mit zocken hier, zocken da, ein bisschen La Paloma.“ (VfL-Torwart Marius Müller nach dem Wolfsburger Pokal-Aus)

Themen, die aus dem Team heraus auch schon bei der sportlichen Führung hinterlegt worden sein sollen. Müller sagt: „Es ist ja nicht so, dass wir jeden Tag hierherkommen und es ist alles scheißegal, auch wenn es manchmal so wirkt auf dem Platz.“ Auf Schalke und in Kaiserslautern hat der Keeper schon schwere Krisen erlebt. Aus Erfahrung weiß er: „Du musst diesen Turnaround über ganz dreckige Arbeit schaffen. Da geht es nicht mehr mit zocken hier, zocken da, ein bisschen La Paloma. Das funktioniert nicht. Du musst dir jetzt auf die Fresse hauen, also verbal.“

Simonis: „Ich sehe auch, dass die Spieler nicht froh sind“

Trainer Paul Simonis schlägt anders als sein Keeper eher ruhige Töne an. Er vermisste am Dienstagabend wieder die Energie, die er zumindest in Hamburg gesehen hatte. Angesprochen auf Probleme innerhalb des Teams verweist er auf die vielen nicht gewonnen Spiele, die logischerweise auf die Stimmung drücken. „Ich sehe auch, dass die Spieler nicht froh sind. Wir müssen gucken und reagieren, das ist das Einzige, was wir machen können.“ Der Niederländer klingt ratlos angesichts der Darbietungen seiner Mannschaft.

Gefordert ist der Trainer, das Team, aber auch der Boss. Peter Christiansen stellte sich nach dem Pokal-Aus, garantierte zumindest, dass Simonis auch am Sonntag (17.30 Uhr, LIVE! bei kicker) gegen die TSG Hoffenheim auf der Wolfsburger Bank sitzt. Der Däne betont: „Er ist unser Trainer und wir wollen mit Paul zusammen durch diese Periode gehen.“

Wer ist Teil des Problems, wer kann Teil der Lösung sein?

Der VfL ist an einem Punkt angekommen, an dem klar analysiert werden muss, wer in der aktuellen Konstellation noch Teil einer Lösung sein kann oder selbst ein Teil des Problems ist. Christiansen ist gemeinsam mit Sportdirektor Sebastian Schindzielorz derjenige, der den Kader als auch die Trainerwahl zu verantworten hat.

Dieser Verantwortung wolle er sich nicht entziehen, betont der Däne. Und er will es sich auch nicht so leicht machen, seinen unerfahrenen Coach zu opfern. Es sei zu einfach, dem Trainer die Schuld zu geben, sagt Christiansen. „Auch die Spieler tragen eine Verantwortung, wenn sie das Trikot tragen. Dann habe ich die Erwartung, dass man alles da draußen auf dem Platz lässt.“ Dinge, die er vermisst.

Im Wolfsburger Umfeld bröckelt der Glaube an eine Wende

Wie geht es weiter? Die Zweifel im Wolfsburger Umfeld sind riesig, es bröckelt der Glaube, dass in der bestehenden Konstellation die Wende geschafft werden kann. Es droht unter den aktuellen Voraussetzungen ein Abstiegskampf, dem diese Mannschaft nicht gewachsen zu sein scheint.

Entscheidend ist die Stimmungslage des Aufsichtsrats. Dessen Vorsitzender Sebastian Rudolph war am Dienstag nicht im Stadion, sein Ansinnen ist es bislang, besonnen zu bleiben und Lösungen mit der aktuellen sportlichen Führung hinzubekommen.

Rose, Schmadtke, Mislintat – es kursieren erste Namen

Und doch machen bereits erste Namen die Runde rund um die Volkswagen-Arena. Kriegt Paul Simonis nicht mehr die Kurve, wäre Marco Rose ein naheliegender Name für die Trainerbank. Und wenn den Bossen der Turnaround nicht zugetraut wird? Von Ex-Geschäftsführer Jörg Schmadtke bis zu Sven Mislintat werden auch hier zumindest erste Namen gehandelt.

Christiansen gibt sich kämpferisch: „Man muss verstehen, dass es in einem Fußballverein schwierige Zeiten gibt. Diese muss man durchstehen. Und genau das erwarten wir von jedem.“

Hinterlasse einen Kommentar

0.0/5