Zum Inhalt springen Zur Seitenleiste springen Zur Fußzeile springen

Wie ein Albatros: Kaua Santos erhöht den Druck auf Trapp

Mit der 4:1-Gala gegen Ajax Amsterdam und dem wichtigen 3:1-Kampfsieg in Bochum erlebt Frankfurt eine perfekte Woche. Auch zwei Youngster trumpfen auf. In der Länderspielpause rückt die Torwartfrage in den Mittelpunkt.

Wachablösung im Eintracht-Tor?

Nach drei Liga-Niederlagen in Serie hat die Eintracht rechtzeitig vor der Länderspielpause den ersehnten Stimmungsumschwung geschafft. Auf die Vier-Tore-Gala im Achtelfinale der Europa League gegen die B-Elf von Ajax Amsterdam (4:1) folgte am Sonntag ein denkwürdiger 3:1-Sieg in Bochum.

Bahoya trifft erneut und sorgt für Rekord

Vor allem zwei Youngster werden diese Woche nicht so schnell vergessen. Flügelflitzer Jean-Matteo Bahoya (19) erzielte gegen Amsterdam seinen ersten Treffer im Eintracht-Trikot und ließ drei Tage später prompt auch sein Premieren-Tor in der Bundesliga folgen. Mit 37,16 km/h sorgte er außerdem für einen neuen Geschwindigkeitsrekord in der Liga.

„Er hat in diesem Jahr eine sehr gute Entwicklung genommen, sein Selbstvertrauen wächst“, lobt Sportvorstand Markus Krösche. Auch an der Entstehung des ersten Treffers war Bahoya beteiligt.

In den Schatten gestellt wurde seine gute Leistung allerdings von Kaua Santos, der ein fantastisches Spiel ablieferte. Schon gegen Amsterdam hatte er Kevin Trapp (Blessur am Schienbein) gut vertreten. Die Leistung in Bochum erinnerte an seinen famosen Auftritt beim 3:1-Sieg in Istanbul gegen Besiktas (kicker-Note 1,5), wo er allerdings beim Gegentor nicht gut ausgesehen hatte.

Gegen den VfL leistete sich der 21-Jährige keinerlei Schwächen und gab ein beeindruckendes Bewerbungsschreiben für weitere Einsätze ab. „Er hat ein überragendes Spiel gemacht, das war großartig, eine Riesenleistung“, schwärmt Krösche. Trainer Dino Toppmöller drückt es ähnlich aus: „Kaua hat ein richtig gutes Spiel gemacht und uns mit seinen Abwehraktionen geholfen.“

Seine stärkste Szene hatte Kaua Santos in der dritten Minute der Nachspielzeit, als er mit einer Wahnsinnstat einen Kopfball von Dani de Wit parierte. Diese Reaktion war die Kirsche auf der Torte. Schon in der ersten Hälfte hatte der Torhüter sein Team mehrfach vor einem Rückstand bewahrt: Eine verunglückte Abwehraktion von Robin Koch lenkte er über die Latte (10.), Schüsse von Matus Bero (6., 17.) wehrte er stark mit dem Fuß ab. Kurz vor der Halbzeit war er zweimal bei weiteren Abschlüssen zur Stelle, als auf Abseits entschieden wurde (einmal zu Unrecht).

Beachtliche Lockerheit und Sicherheit

Nach der Pause zeichnete er sich unter anderem beim Schuss von Georgios Masouras (61.) und Kopfball von Philipp Hofmann (65.) aus, beim Gegentor war er machtlos. Es ist bemerkenswert, welche Sicherheit und Lockerheit Kaua Santos in so jungen Jahren ausstrahlt. Kurz vor Weihnachten war er bei der 1:3-Heimniederlage gegen Mainz noch der Unglücksrabe, dem zwei schwere Patzer unterlaufen waren.

Es ist ein wichtiges Signal, dass sich der 1,96-Meter-Hüne davon nicht aus der Bahn werfen ließ und nach fast einem Vierteljahr ohne Spielpraxis so stark zurückkehrte. Viel spricht dafür, dass eine große Karriere vor ihm liegt. Kaua Santos ist mutig im Herauslaufen und bei hohen Bällen, auf der Linie taucht er trotz seiner Größe schnell ab und zeigt starke Reflexe. Wenn er sich groß macht und die Arme weit von sich streckt, wirkt er wie ein Albatros, der für seine enorme Flügelspannweite bekannt ist.

Kommt es zur Wachablösung?

Da Trapps Formkurve schon länger tendenziell nach unten zeigt, stellt sich nun unweigerlich die Frage, ob es zur Wachablösung im Tor kommt. Ein heikles Thema. Als Kapitän und langjähriger Stammtorwart, der 2022 die Europa League gewann, hat der 34-Jährige das Selbstverständnis, dass er zwischen den Pfosten steht. Eine Degradierung würde ihn hart treffen. Doch so weit ist es noch nicht.

Toppmöller wollte auf der Pressekonferenz nach dem Sieg „nicht über irgendwelche Szenarien sprechen“, auch Krösche wiegelte in der Mixed Zone ab. Die Torwart-Frage wird die Eintracht aber in der Länderspielpause begleiten. Auf der Pressekonferenz vor der Partie in Bochum hatte der Coach Trapps Rückkehr im kommenden Heimspiel gegen Stuttgart in Aussicht gestellt: „Wir planen, dass er gegen den VfB wieder da ist.“ So deutlich äußerte sich am Sonntagabend niemand.

Ohnehin bleibt abwarten, ob Trapp bis zum Stuttgart-Spiel tatsächlich wieder schmerzfrei und topfit ist. Wenn er nicht bei 100 Prozent ist, dürfte Kaua Santos in jedem Fall eine weitere Bewährungschance erhalten. Klar ist: Mit jeder weiteren starken Leistung ließe sich eine Rückkehr von Trapp schwerer begründen. Der Routinier ist beileibe kein schlechter Torwart, er ist aber auch nicht mehr der Leistungsträger früherer Zeiten. Der Tag der Wachablösung wird kommen. Es geht allein um den richtigen Zeitpunkt.

Diplomatisches Geschick ist gefragt

Einerseits ist es für die Eintracht eine Luxussituation, über eine so talentierte Nummer 2 zu verfügen. Die Qual der Wahl bringt Toppmöller allerdings in eine komplizierte Lage. Mitten in der Rückrunde den Stammtorhüter zu wechseln, wäre mit einem gewissen Risiko verbunden. Die Drucksituation wäre für Kaua Santos als Nummer 1 im Tor eine andere. Ist er schon reif genug, um damit dauerhaft umzugehen? Das lässt sich als Außenstehender nicht seriös bewerten. Ebenso ist klar: Jede weitere schwächere Leistung von Trapp würde die Torwartdiskussion ab sofort aufs Neue befeuern.

Zumindest über den Sommer hinaus könnte es keine Lösung sein, den zu den Top-Verdienern zählenden Trapp auf die Bank zu setzen. Auch in einer Bankenstadt wie Frankfurt wächst das Geld nicht auf Bäumen. Die Eintracht muss die Situation mit diplomatischem Geschick lösen. Wann auch immer Trapps Zeit bei der Eintracht endet, er sollte durch das große Tor heraustreten, nicht im Unfrieden.

Hinterlasse einen Kommentar

0.0/5