Der plötzliche Tod von Wolfgang Teddy de Beer reißt eine große Lücke bei Borussia Dortmund. Über einen allürenfreien Menschen, der sich selbst nie zu wichtig nahm – und dadurch einen ganzen Klub am Boden hielt.
Ein Nachruf auf Wolfgang „Teddy“ de Beer
Wer in den vergangenen 40 Jahren groß wurde und es in dieser Zeit mit Borussia Dortmund zu tun bekam, der kam an Wolfgang – genannt Teddy – de Beer nicht vorbei. Erst war er fünf Jahre lang die Nummer 1 des BVB und absolvierte insgesamt 217 Spiele für die Schwarz-Gelben. Dann wechselte er in den Trainerstab, wo er fast zwei Jahrzehnte lang die Torhüter betreute. Schließlich kümmerte sich der gebürtige Dinslakener noch sechs Jahre um die Fans der Dortmunder, die ihren Teddy fast so gern hatten wie das Kuscheltier im heimischen Kinderzimmer.
„Teddy war einer der Guten“
De Beer, dessen Spitzname angesichts des Nachnamens nahelag, war ein allseits geschätzter Borusse, ein treuer Mitspieler, ein loyaler Begleiter seiner Torhüter, ein verlässlicher Freund und ein liebenswerter Mensch zum Anfassen. „Jemand, den man immer um sich haben wollte“, wie es der BVB in einem Nachruf so treffend beschrieb, der nach dem völlig unerwarteten Tod de Beers am 30. Dezember, drei Tage vor seinem 61. Geburtstag, auf der Klub-Homepage erschien. „Teddy war einer der Guten. Auf dem Platz, aber vor allem auch abseits des grünen Rasens.“
Die vielen betroffenen Reaktionen, die de Beers Tod hervorrief, stützen diesen Eindruck vollumfänglich. Jeder, der mit dem gelernten Schreiner, der sich seine Trainingsgeräte oft selbst zimmerte, in den vergangenen Jahrzehnten zu tun hatte, kann eine Geschichte über den stets gut gelaunten Publikumsliebling berichten, der ohne Allüren auf seinen O-Beinen – de Beers unverkennbares Markenzeichen – durchs Leben ging, voller Glück über seine Frau und seine zwei Töchter sprach und sich kümmerte, wenn es etwas zum Kümmern gab.
„Olala, wir haben einen Torwart“
Der Pokalsieg mit dem BVB 1989 war der größte sportliche Erfolg de Beers als Nummer 1, die großen Titel der Neunziger, die durch den Impuls des Pokalsiegs überhaupt erst ermöglicht worden waren, erlebte er als Ersatzmann von Stefan Klos meist von der Bank aus. Erst am Ende der Saison 2000/2001 beendete er seine aktive Karriere, die 1970 in der Jugend des TV Jahn Hiesfeld begonnen und zwischen 1978 und 1986 beim MSV Duisburg an Fahrt aufgenommen hatte. Die Fans der Borussia besangen ihn zu aktiven Zeiten mit einem eigens gedichteten Lied: „Olala, wir haben einen Torwart. Olala, Teddy wunderbar.“
Kurz nachdem er die Handschuhe an den Nagel gehängt hatte, nahm er sie wieder herunter und begann als Torwarttrainer eine zweite Karriere – und sah sich dafür als noch geeigneter an als als Torwart. Roman Weidenfeller, die langjährige Nummer 1 des BVB, entwickelte sich unter ihm zu einem der besten Keeper Deutschlands und wurde zum Weltmeister. Etlichen weiteren gelang durch ihn der Sprung in den Profizirkus. Der Kontakt blieb stets bestehen.
An neun von 16 Titeln beteiligt
Wie zu Mitchell Langerak, dem früheren Ersatzmann Weidenfellers, der aus Australien kondolierte: „Die Welt hat einen der aufrichtigsten und liebenswertesten Menschen verloren. Er war die erste Person beim BVB, die ich getroffen habe. Er war mein Torwarttrainer und Beschützer.“ 2018 schied de Beer aus dem Trainerstab, die Modernisierung des Fußballs war auch hier nicht mehr aufzuhalten. Als Fanbeauftragter aber blieb er dem Klub, den er mit seiner Art stets am Boden hielt, treu.
Zunächst aber ging er auf eine große Motorrad-Tour, die ihn über tausende Kilometer unter anderem durch Schottland, Frankreich und Spanien führte. „Jetzt brauche ich Platz in meinem Kopf. Hinter mir liegen intensive, schöne, erfolgreiche, manchmal auch schwierige Jahre“, bilanzierte er damals in einem Interview mit dem kicker, das bei Kaffee und Kuchen im heimischen Wohnzimmer in Dinslaken stattfand.
Blickt man auf de Beers Zeit beim BVB, dann fällt auf, dass er bei neun der 16 großen Titel, die der Klub gewann, in irgendeiner Form beteiligt war. Und doch war ihm Größenwahn oder Triumphgeheul fremd. Er blieb bis zu seinem plötzlichen Tod für alle der „Teddy“. Die Lücke, die er hinterlässt, ist groß. Und sie wird nicht zu füllen sein. Denn er war einer der letzten seiner Art. Ein großer Borusse. Und vor allem ein richtig guter Mensch.