Die defensive Verlässlichkeit war über weite Strecken bemerkenswert und ein Kernmerkmal des FC St. Pauli. Weil diese zuletzt etwas abhanden kam, die Harmlosigkeit vor dem gegnerischen Tor aber weiter bestehen blieb, stehen vier Niederlagen ohne eigenen Torerfolg in der Statistik. Eine große Aufgabe für den Trainer.
Zur Sturmflaute kamen zuletzt auch Abwehrfehler
Alexander Blessin versucht sich in diesen Tagen in einem Spagat. „Es bringt nichts, wenn ein bisschen Gegenwind kommt, wieder alles über den Haufen zu schmeißen“, sagt der Coach vor der hohen Auswärtshürde Wolfsburg am kommenden Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker). „Wir müssen Ruhe bewahren und trotzdem Dinge auch klar ansprechen.“
Besagte Dinge sind aktuell eine ganze Menge: Der Aufsteiger hat mit erst 18 erzielten Toren weiterhin den harmlosesten Angriff der Liga, verteidigt aber auch nicht mehr so konsequent. Und leistet sich in jeder Partie Schwächephasen. Besonders eklatant war der Leistungsabfall am vergangenen Wochenende gegen Borussia Dortmund unmittelbar nach der Pause. „Wir haben analysiert, weshalb wir da nicht wieder hochgefahren haben. Wir waren inaktiv.“
Seine Reaktion darauf: „Wir haben das Tempo in der Trainingswoche etwas angezogen. Wir wissen, dass wir 100 Prozent abrufen müssen. Und das nicht nur über 45 oder 50 Minuten, sondern über 90. Wir haben zuletzt dumme, eklige Gegentore gekriegt. Bei denen waren wir sehr inaktiv, und diese Inaktivität darf uns so nicht mehr passieren.“
Saad hat mitunter noch Schmerzen – und könnte eine Pause bekommen
Mehr und mehr zeichnet sich ab, dass Blessin besagter Inaktivität mit einer veränderten Startformation begegnet. Manolis Saliakas hat nach seinem Kurzeinsatz beim 0:2 gegen den BVB und in den Tagen danach die entscheidenden Schritte zurück gemacht. „Manos“, bestätigt der Coach, „ist fit für die Startelf. Er hat im Training alles mitgemacht.“ Final festlegen will er sich im Vorfeld der Partie bei den Niedersachsen nicht, aber mit dem rechten Schienenspieler bekäme seine Mannschaft eine wesentliche Triebfeder zurück.
Einen Wechsel könnte es auch in der Offensive geben. Elias Saad ist nach seinem Comeback nach Sprunggelenk-Operation aus nachvollziehbaren Gründen noch lange nicht wieder in der Top-Verfassung, in Wolfsburg könnte er eine Pause bekommen. „Elias hat immer mal wieder Schmerzen, wenn er sich aktiv abdrückt oder aufs Tor schießt“, verrät Blessin. „Es dauert immer eine halbe Minute, in der es wehtut, dann ist der Schmerz weg. Ihn hat immer ausgezeichnet, dass er mit 100 Prozent in eine Aktion geht. Aktuell stoppt er manchmal noch ab und nimmt das Tempo raus. Dadurch bringt er nicht dieses Tempo und diese Qualität in eine Eins-gegen-eins-Situation. Er muss wieder dahin kommen, dass er die Zweikämpfe mit voller Intensität angeht, aber das geht nicht von heute auf morgen, wenn ein Spieler vier Monate ausgefallen ist.“
St. Pauli aber benötigt im Abstiegskampf schon am Samstag die komplette Intensität. Und will zurück zu den Wurzeln, anstatt nun das Spielsystem auf den Kopf zu stellen und der Torflaute mit mehr Offensive zu begegnen. Blessin glaubt: „Es wäre ein falscher Ansatz zu sagen, dass wir jetzt noch offensiver agieren werden, um uns noch mehr Chancen herauszuarbeiten. Wir haben am Anfang der Saison klar definiert, wie wir spielen wollen, wie wir was erreichen wollen. Und das ist defensive Stabilität und Intensität gegen den Ball.“ Und genau die soll und muss wieder intensiviert werden.