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Roses Auftrag: Zurück zu den Wurzeln

Mit den Rückkehrern Xavi und David Raum strebt RB Leipzig nach einer dürftigen Halbserie den Neustart an. Trainer Marco Rose hat klare Vorstellungen, und auch die Vorgaben der Verantwortlichen sind eindeutig.

Lange Mängelliste, wenig Zeit und alte, neue Alternativen

Nach dem vergleichsweise lockeren Trainingsauftakt am Donnerstag zieht Leipzigs Trainer Marco Rose mit je zwei Einheiten in den kommenden Tagen die Zügel gleich merklich an. Die Zeit bis zum nächsten Punktspiel am 12. Januar gegen Werder Bremen drängt, auch deshalb verzichtet man bei RB in diesem Winter auf ein Trainingslager im sonnigen Süden. Denn die Mängelliste, die es nach dem arg wechselhaften und in der Schlussbewertung unbefriedigenden zweiten Halbjahr 2024 abzuarbeiten gilt, ist lang.

Dank des Einzugs ins Viertelfinale um den DFB-Pokal, in dem man zuhause auf den VfL Wolfsburg trifft, hat RB nach dem befreienden 3:0-Erfolg über Eintracht Frankfurt zwar nach wie vor die realistische Chance auf einen Titelgewinn. Und auch mit Platz 4 in der Bundesliga hält RB aktuell zumindest Kurs aufs Pflichtziel, die erneute Qualifikation in der Champions League. Doch die dabei in 15 Punktspielen geholten 27 Punkte, verbunden mit vielfach dürftigen Vorstellungen, entsprechen nicht den Erwartungen der Fans und auch nicht den eigenen Ansprüchen. Das gilt erst recht für das Null-Punkte-Debakel in den sechs Gruppenspielen der Champions League.

„Statistiken, die ins Auge fallen“

„Wir haben viele Daten gewälzt und versucht, eine qualitative Analyse zu erstellen. Und da gibt es schon ein paar markante Statistiken, die uns ins Auge gefallen sind, an denen wir unbedingt arbeiten wollen, da sind wir auch echt selbstkritisch“, berichtete Rose in einer kleinen Medienrunde von den Aktivitäten der Verantwortlichen in der Winterpause. Und er fügte hinzu: „Man sieht schon, dass wir in Teilbereichen Nachholbedarf haben. Die wollen wir wieder nach oben schrauben. Wenn wir die nach oben schrauben, dann werden wir auch gut spielen.“

Personalmisere erklärt nicht alle Mängel

Die eklatante Verletztenmisere, die sich von Oktober an mehr und mehr zuspitzte, erklärt zwar nicht alle Mängel, vor allem nicht die Formschwankungen etatmäßiger Leistungsträger wie Christoph Baumgartner, Amadou Haidara oder Benjamin Henrichs. Aber sie dient sicherlich teilweise als Entschuldigung, weshalb nach dem verheißungsvollen Liga-Saisonstart mit sechs Siegen und zwei Unentschieden ein rapider Leistungsabfall folgte. Dass nach den Ausfällen von David Raum, Castello Lukeba und El Chadaille Bitshiabu kein Linksfuß mehr im schlanken Kader war, ist beispielsweise ein wesentlicher Aspekt für den mitunter statischen und fehlerhaften Spielaufbau.

„Wenn du ab einem gewissen Zeitpunkt den Spielaufbau ohne linken Innenverteidiger und ohne linken Außenverteidiger bestreiten musst, sind das schon auch Kleinigkeiten, die immer was machen“, sagte Rose. Auch dass er sich angesichts der Personalsituation mehr und mehr dazu entschloss, auf eine Fünferkette zu setzen und damit von der eigentlichen RB-Maxime des offensiven Verteidigens abrückte, machte sich auf dem Platz in einer mitunter sehr passiven Herangehensweise bemerkbar.

„Wir wollen Schritt für Schritt komplett zu uns zu kommen.“ (Marco Rose)

Das soll in diesem Jahr alles wieder anders werden. Zurück zu den Wurzeln, lautet der Auftrag, den Rose sich selbst für den Neustart ausgerufen hat. Und der auch von den Bossen, allen voran von Sport-Geschäftsführer Marcel Schäfer und Aufsichtsrats-Chef Oliver Mintzlaff, klar eingefordert wird. „Wir wollen wieder mehr zu unserem Spiel gegen den Ball kommen. Und wir wollen mit dem Ball auch wieder besser werden“, sagte Rose und fasste zusammen: „Wir wollen Schritt für Schritt komplett zu uns zu kommen.“

Mit Xavi und Raum zurück zur RB-DNA

Machbar erscheint dieses Vorhaben vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass sich die Personallage in der kurzen Winterpause deutlich entspannt hat. Mit Linksverteidiger Raum und Ballkünstler Xavi kehren zwei schmerzlich vermisste Langzeit-Verletzte zurück, die mit ihrer Mentalität und ihrer offensiven Herangehensweise stellvertretend für die RB-DNA stehen. „Wir haben lange darauf gewartet und darauf gefiebert“, sagte Rose über die Rückkehr der beiden Leistungsträger, die sich beide einer Syndesmose-OP unterziehen mussten und jeweils knapp drei Monate außer Gefecht gesetzt waren.

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Vor diesem Hintergrund warnte der Trainer auch davor, zu früh zu viel von den beiden Rekonvaleszenten zu erwarten. „Ich darf nicht erwarten, dass wir mit Xavi und David gleich wieder dort sind, wo wir hin wollen, sondern am Ende des Tages müssen wir schon weiter kämpfen. Die Situation wird sich jetzt nicht von heute auf morgen komplett in Luft auflösen“, sagte Rose und erinnerte daran, dass im Dezember Stammkraft Xaver Schlager nach seinem Kreuzbandriss auch erst behutsam herangeführt werden musste. „Wir müssen die Belastung stetig steigern und schauen, was geht und was nicht geht. Wir dürfen sie nicht zu schnell in Dinge reinjagen, die vielleicht noch gar nicht funktionieren können“, mahnte Rose.

Lukebas Aus als warnendes Beispiel

Welche Folgen es haben kann, wenn angeschlagene Spieler zu früh zu stark belastet werden, weiß Rose am Beispiel Castello Lukeba aus eigener Erfahrung. Inzwischen räumt man auch intern ein, dass der Muskelbündelriss des Franzosen in erster Linie einer falschen Belastungssteuerung zuzuschreiben ist.

„Vielleicht hätten wir es anders lösen können, ja, aber als Trainer und Verantwortlicher eines Bundesligisten, der ambitioniert ist, weißt du auch, dass es am Ende in erster Linie um Ergebnisse geht“, sagte Rose rückblickend über seine Entscheidung, den eben von einem Muskelfaserriss genesenen Verteidiger am 30. November beim 1:5 gegen Wolfsburg gleich wieder in der Startelf aufgeboten zu haben.

Roses Lehre daraus: „Wir werden diesmal überhaupt kein Risiko eingehen, wir brauchen einen gesunden und top-fitten Castello.“ Frühestens Mitte Februar wird dieser Fall eintreten, möglicherweise ist Lukeba auch erst im März wieder eine vollwertige Alternative. Auch vor diesem Hintergrund sucht man bei RB auf dem Transfermarkt nach einer Alternative für die Defensive. Wolfsburgs Ridle Baku ist ein Kandidat, der vielseitige Bosnier Amar Dedic von RB Salzburg ein weiterer. Restlos überzeugend wirkt aber keiner von beiden, weil beide nicht vollends dem Anforderungsprofil entsprechen.

„Das Wintertransferfenster ist kein einfaches. Wir werden uns nicht blockieren für die Zukunft, und trotzdem wissen wir, dass wir möglicherweise hier und da was machen müssen“, sagte Rose und betonte, dass er sich da voll und ganz auf die Verantwortlichen verlasse: „Ich renne nicht durchs Haus und stelle Forderungen, sondern das passiert alles in einem sehr engen und vertrauensvollen Austausch.“ Mit Blick auf den schlanken Kader und die Tatsache, dass Benjamin Henrichs und Assan Ouedraogo für den Rest der Saison ausfallen, stellte Rose aber auch klar: „Im Moment sind wir in der Konstellation schon am Limit unterwegs.“

Rose: Noch kein Kontakt zu Klopp

Zu Roses künftigen Ansprechpartnern zählt auch Jürgen Klopp, der in der kommenden Woche seinen neuen Job als „Head of Global Soccer“ bei Red Bull offiziell antreten wird. Bislang gab es noch keinen Kontakt zum ehemaligen Weggefährten aus Mainzer Zeiten. „Ich habe Klopp in Ruhe gelassen, jetzt ist der Urlaub vorbei, jetzt geht es los“, sagte Rose und betonte: „Wir freuen uns auf sein Netzwerk, auf seine Erfahrung, auf ihn als Typen. Für mich als Trainer ist es natürlich sehr interessant zu erfahren, wie er in Liverpool gearbeitet hat.“

Von Klopps Einstieg erhofft sich Rose daher auch Inspirationen für die eigene Arbeit: „Es ist immer schön, nicht in der eigenen Suppe zu schwimmen, sondern dazuzulernen und sich auch mit 48 Jahren trotzdem noch weiter zu entwickeln.“ Im Vordergrund für die nächsten Wochen steht freilich, dass sich Roses Mannschaft weiterentwickelt.

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