Schon in der vergangenen Saison hatte der FC St. Pauli in beiden Duellen gegen Stuttgart (1:0, 0:1) ungewohnt viele Chancen zugelassen, auch am Freitagabend bekam der Kiez-Klub die Reihen gegen die Schwaben nicht geschlossen. Das 0:2 ist ein Dämpfer. Hauke Wahl redete danach Klartext.
Verteidiger wiederholt Kritik an Defensivarbeit und beklagt Energieverlust
Der Abwehr-Routinier hatte schon nach dem Traumstart mit sieben Punkten aus den ersten drei Partien angemahnt, dass die Defensivleistung noch nicht auf dem Niveau des Vorjahres sei. Nach dem Abend in Stuttgart, den allein Keeper Nikola Vasilj mit einigen Großtaten lange offen gehalten hatte, wurde Wahl deutlich: „Ich habe schon in den letzten Wochen gesagt, dass wir defensiv noch nicht auf dem Level aus der letzten Saison sind. Das wurde uns nun klar aufgezeigt.“
„Es kann nicht sein, dass der Gegner mehr Energie hat als wir“
Vasilj haderte in der Nachbetrachtung zwar damit, dass St. Pauli den ersten Treffer unmittelbar vor der Halbzeit kassiert hatte, zur Geschichte des Spiels und einem ernüchternden Auftritt aus Hamburger Sicht aber gehört: Das Gegentor hätte schon früher fallen müssen, und der bosnische Nationaltorwart verhinderte es nicht nur beim von Angelo Stiller gehaltenen Elfmeter (25.). Dass dieser Moment keinen Wendepunkt markierte, war für Wahl besonders enttäuschend: „Wir hatten wieder eine unfassbare Torwartleistung, aber nicht einmal die Elfmetersituation hat uns Energie gegeben. Das müssen wir uns vorwerfen lassen.“
Das Energie-Level von St. Pauli ist für Wahl ganz grundsätzlich ein Kernthema dieser ersten Saison-Niederlage. „Es kann nicht sein, dass der Gegner mehr Energie hat und aufbringt als wir.“ Weil sich eigentlich St. Pauli genau darüber definiert. Der Verteidiger gibt deshalb eindringlich den Mahner: „So gut sind wir nicht, dass wir in dieser Liga mit 98 oder 99 Prozent spielen können. So reicht es nicht, nicht einmal mit einem unfassbaren Torwart.“
Hat die unverkennbare positive Entwicklung im Offensivspiel also die Sinne vernebelt oder zumindest zu etwas Sorglosigkeit im Rückwärtsgang verleitet? Trainer Alexander Blessin jedenfalls erstellt eine lange Mängelliste: „Wir waren nicht wach, sondern träge, hatten keinen Tiefgang, der VfB hat uns den Schneid abgekauft.“ Exemplarisch war für ihn der Begleit-Service in der Entstehung des ersten Gegentreffers: „Wir lassen sie durch die Mitte durch. Wir waren überall zu zaghaft.“
Wahl hakt das 0:2 nicht als Schönheitsfleck in der bislang so rosigen Gesamtbetrachtung des Starts ab, sondern appelliert mit bemerkenswert klaren Worten an die Kollegen, nimmt aber auch gleichzeitig sich selbst in die Pflicht: „Wir müssen zwei, drei Schippen drauflegen. Ich hoffe, es ist jetzt jedem klar geworden, dass wir so keine Spiele gewinnen.“ Den Finger will er nicht allein in die Wunde legen, „da ist jeder gefordert, wir alle müssen uns an die eigene Nase fassen.“

