Seit Mittwoch ist Ransford Königsdörffer wieder Teil jener HSV-Delegation, die derzeit auf Mallorca am Feinschliff auf die neue Saison arbeitet. Erstmals seit seinem nach dem Medizincheck geplatzten Wechsel zu OGC Nizza spricht der 23-jährige Angreifer über die Gründe und seine Gefühle.
HSV-Stürmer spricht erstmals über den Medizincheck in Nizza
Aus Hamburgs Trainingslager auf Mallorca berichtet Sebastian Wolff
Merlin Polzin ist bekannt dafür, feine Antennen für die Wesenszüge und Gefühle seiner Spieler zu haben. Über Ransford Königsdörffer sagte der Hamburger Trainer am Donnerstagvormittag auf dem Trainingsgelände des RCD Mallorca, nachdem dessen Traum von Nizza und der Champions League völlig überraschend zerplatzt war, dass es den Angreifer auszeichne, schnell Dinge abzuhaken, die er nicht ändern könne. 24 Stunden später stellte sich der gebürtige Berliner selbst den Fragen nach den turbulenten vergangenen Tagen und der Zukunft – und bestätigte die Einschätzungen seines Chefs höchst eindrucksvoll.
Königsdörffer benötigt keine lange Zeit zum Nachdenken, er antwortet zügig, offenherzig – und vermittelt nicht das Gefühl, niedergeschlagen zu sein wegen einer vermeintlich verpassten Möglichkeit auf die ganz große Bühne. Am Sonntagnachmittag um 15 Uhr hatte er die Nachricht erhalten, dass OGC nach dem Medizincheck Zweifel habe und sagt: „Ich war überrascht. Ich war in den drei Jahren beim HSV eigentlich nie verletzt. Das habe ich ihnen mitgeteilt, auch, dass ich die Entscheidung nicht nachvollziehen kann. Wir sind nicht auf einen Nenner gekommen.“ Und mit einem Augenzwinkern: „Was auch immer sie gefunden haben, ich bin gesund, ich bin fit. Vielleicht haben sie sich verguckt.“
Dass seine Gefühlswelt zumindest zwischenzeitlich ins Chaos geraten ist, verdeutlicht allein die Episode, wie die Kollegen auf seine Rückkehr am Mittwoch reagiert hätten. „Ich war selbst überrascht, dass mir ein europäischer Top-Klub wie Nizza ein Angebot gemacht hat, die Jungs haben sich erst für mich gefreut. Sie haben sich aber auch alle gefreut, als ich wieder da war. Ein paar haben mich gedrückt, andere haben einfach nur gesagt: Schön, dass du zurück bist.“ Und natürlich gab es auch ein wenig Spott: „Als wir im Flieger nach Mallorca saßen, hieß es, das Wetter, was wir da haben werden, hätte ich in Nizza jeden Tag haben können.“
„Ich bin auch offen dafür, zu verlängern“
Königsdörffers Alltag heißt nun wieder Hamburg. Also mutmaßlich Bundesliga-Abstiegskampf statt internationaler Fußball. Aber wie geht es grundsätzlich weiter? Vor der bereits erzielten Einigung mit Nizza hatte Sportvorstand Stefan Kuntz intensiv um eine Verlängerung des 2026 auslaufenden Vertrages geworben, und die Situation ist kompliziert: Ablösefrei ziehen lassen will der HSV seinen vermeintlich wertvollsten Spieler im kommenden Sommer nicht, die Gespräche werden folglich wieder aufgenommen. „Ich bin offen für alles“, sagt Königsdörffer, „also auch dafür offen, zu verlängern.“
Aber was ist, wenn trotz des gescheiterten Wechsels ein neues Angebot auf den Tisch flattert? Königsdörffer gibt sich auch bei dieser Frage äußerst offenherzig: „Vor zwei Wochen hätte ich noch nicht an ein Angebot aus Nizza gedacht, Fußball ist extrem schnelllebig.“ Deshalb erklärt er: „Ich möchte nichts ausschließen.“ Weil ein lukrativer Verkauf eben auch für seinen aktuellen Arbeitgeber eine Option bleibt, falls keine Einigung über eine Ausdehnung des laufenden Kontraktes erzielt wird
Für Königsdörffer zählt, ganz nach Polzins Charakterisierung, allein der Moment. „Dinge, die ich nicht selbst in der Hand habe, kann ich auch nicht ändern. Es gibt wirklich schlimmere Dinge im Leben. Ich bin gesund, ich bin jetzt hier und gebe Gas.“

