Nach gutem Beginn baute die Eintracht in Mainz stark ab und zeigte unterm Strich eine unbefriedigende Leistung. Völlig daneben benahm sich einmal mehr ein Teil der Fans, die sogar einen Spielabbruch riskierten.
Was Toppmöller und Krösche sportlich bemängeln
Die Party ist verschoben. Nach den Ergebnissen am Samstag war klar, dass Eintracht Frankfurt in Mainz einen Sieg braucht, um bereits zwei Spieltage vor dem Saisonende in die Champions League einzuziehen. Statistisch gesehen sprach wenig dafür: In zuvor 20 Liga-Spielen in der 1. und 2. Liga hatte Frankfurt nur einmal beim kleinen Nachbarn gewonnen.
Trainer Dino Toppmöller hatte vor dem Spiel gewarnt: „Ich glaube, dass Mainz mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch spielen wird. Die wollen sie an uns auslassen. Wir sollten darauf vorbereitet sein, dass es von der ersten Sekunde an sehr knackige Zweikämpfe geben wird.“ Er sollte sich nicht täuschen.
Nur der Start war gut
In der Anfangsphase ließ sich seine Elf von der Mainzer Aggressivität allerdings nicht beeindrucken, hielt selbst gut dagegen und ging sogar in Führung. „Wir hatten einen ganz guten Start ins Spiel. Wir wollten Mainz die Wucht nehmen, indem wir selber einige Bälle hinter die Kette spielen, um sie gar nicht erst in ihr Pressing kommen zu lassen. Das ist uns gut gelungen, folgerichtig sind wir in Führung gegangen“, resümiert der Coach.
Der erwartungsgemäß für Nnamdi Collins in die Elf gerückte Rasmus Kristensen hatte einen schnellen Vorstoß selbst eingeleitet und im Zusammenspiel mit Hugo Ekitiké vollendet. Das dritte Bundesliga-Tor des Dänen war eine pure Willensleistung. Doch danach verfiel die Mannschaft unerklärlicherweise immer mehr in Passivität, stand dauerhaft zu tief, presste zu wenig und ließ die von Verletzungen gebeutelten Hausherren immer besser ins Spiel kommen.
„Zwei sportliche Themen haben mir nicht so gut gefallen“, sagt Toppmöller und führt aus: „Das Spiel mit Ball war nicht so gut, dass wir Mainz vor mehr Probleme stellen konnten, wobei es gegen dieses sehr, sehr aggressive Pressing schwierig war. Ich habe selten eine Mannschaft gesehen, die das so gut gemacht hat wie Mainz. Da herauszukommen, ist nicht ganz so einfach. Außerdem wollten wir einen guten Mix zwischen sehr hohem Pressing einem tiefen Block finden. Doch das war mir zu viel tiefer Block.“
Nur 35 Prozent Ballbesitz, viele Fehlpässe
Die Eintracht hatte nur 35 Prozent Ballbesitz, ein bedenklich schwacher Wert. Trotzdem sagt Toppmöller: „Ich sehe es nicht so, dass es zu viel Passivität war. Wir haben uns natürlich vorgestellt, dass wir immer wieder höher ins Pressing gehen, das haben wir nicht geschafft.“ Die Passquote lag lediglich bei 67 Prozent, Markus Krösche moniert „viele unkontrollierte lange Bälle“. Die Mannschaft müsse lernen, auch in solchen Spielen die Ruhe zu behalten, um die Kontrolle wiederzubekommen, analysiert der Sportvorstand. Er betont: „Wir dürfen uns nicht auf dieses hektische Spiel einlassen.“
Schon vor der Halbzeit wirkte es so, als sei der Ausgleich nur eine Frage der Zeit. Spätestens Jae-Sung Lees Treffer aus hauchdünner Abseitsposition hätte ein Weckruf sein müssen (45./+4). Doch auch nach dem Wiederanpfiff ließ sich Frankfurt zunächst den Schneid abkaufen – und wurde bestraft. Nach einem langen Einwurf sahen Tuta, allen voran aber Kristensen ganz alt aus – Jonathan Burkardt bedankte sich für diese Schlafmützigkeit.
Insgesamt überzeugte die Defensive aber, was sich auch in der starken Zweikampfquote (59 Prozent) spiegelt. „Mainz war überlegen, aber große Torchancen habe ich nicht gesehen“, ordnet Toppmöller korrekt ein. Am Ende lag das Chancenverhältnis bei 5:2 für seine Mannschaft. Nun soll die große Feier zum Einzug in die Königsklasse am Sonntag im Heimspiel gegen St. Pauli steigen. „Da wollen wir den alles entscheidenden Schritt machen“, kündigt der Trainer an.
55 Millionen Euro in der Champions League
Bei fünf Punkten Vorsprung auf Platz 5 steht die Tür zur Champions League weiterhin sperrangelweit offen. Die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb steht durch den Punkt in Mainz bereits jetzt fest. Allerdings darf die Mannschaft nicht den Fehler begehen, sich in trügerischer Sicherheit zu wiegen. Am 34. Spieltag muss die Eintracht in Freiburg antreten, wo sie ein ähnlich herausforderndes Spiel erwartet wie in Mainz. Sollte sie da noch den Rechenschieber benötigen, könnte sich das bitter rächen.
Nicht nur emotional wäre der Einzug in die Champions League eine Riesensache, auch finanziell: Der Klub kalkuliert nach kicker- Informationen mit Einnahmen in Höhe von 55 Millionen Euro in der Liga-Phase – Prämien für Siege und Unentschieden kämen noch hinzu.
Chaoten riskieren Spielabbruch
Unnötige Kosten werden dem Klub wieder einmal wegen des Fehlverhaltens des eigenen Anhangs entstehen. Es blieb nicht beim infantilen Zünden von Pyrotechnik vor dem Anpfiff. In der 30. Minute musste das Spiel unterbrochen werden, weil Nadiem Amiri und Schiedsrichter-Assistent Robert Wessel vor der Ausführung eines Eckballs vor dem Gästeblock mit allerlei Gegenständen beworfen wurden. Vorher wurde das Fangnetz vor dem Gästeblock heruntergerissen. War das Werfen von zusammengeknülltem Choreo-Material zwar respektlos, aber wenigstens harmlos, riskierten einige Chaoten sogar einen Spielabbruch.
Amiri hielt ein auf den Rasen geworfenes Feuerzeug in die Luft. Auf Linienrichter Wessel wurde die Stange einer Fahne oder eines Doppelhalters geworfen. Zum Glück wurde der Assistent von der Stange nicht richtig getroffen, nach kicker-Informationen merkte er davon nichts. Hätte ihn die Stange am Kopf erwischt, wäre ein Spielabbruch möglich und angemessen gewesen. Gleiches gilt für einen Treffer mit einem Feuerzeug. Das hätte einen erheblichen Imageschaden bedeutet – und mit Blick auf den Kampf um die Champions League womöglich dramatische Konsequenzen gehabt.
Schon am 26. Spieltag in Bochum stand ein Abbruch im Raum, weil Ultras sich vor dem Anpfiff über eine halbe Stunde lang weigerten, Banner von den Öffnungen der Fluchttore zu entfernen. Die Klub-Verantwortlichen um Vorstand Philipp Reschke gaben ein klägliches Bild ab, als sie vor der Kurve standen und sich von den Ultras vorführen ließen. Auch wenn der Kontrollausschuss des DFB am Montag ankündigte, ein Ermittlungsverfahren gegen die Eintracht einzuleiten, sind nach den Vorfällen in Mainz größere Konsequenzen seitens des Klubs nicht zu erwarten. Viele friedliche Fans, die ihr Team in Mainz gerne unterstützt hätten, aber keine Karte erhielten, werden sich fragen: Wieso eigentlich nicht?