Der HSV hat am Sonntag in Köln (1:4) nicht nur sein drittes Spiel in Folge, sondern auch zwei Spieler mit Ampelkarten verloren. Unrühmlich hinzu kommt: Beide, Fabio Vieira und Immanuel Pherai, haben Bundesliga-Geschichte geschrieben.
Pherai und Fabio Vieira stellen Rekorde auf
Fabio Vieira kam am letzten Tag der Sommertransferperiode auf Leihbasis vom FC Arsenal und hält seit dem Sonntag von Köln einen Bundesliga-Rekord: Er ist der Profi mit den wenigsten Einsätzen bis zum zweiten Platzverweis. Nach der glatten Roten Karte am 5. Spieltag bei Union Berlin (0:0) flog er bereits zum zweiten Mal – innerhalb von nur fünf bestrittenen Spielen – vom Feld. Bisheriger Rekordhalter war der Mainzer Shawn Parker, der 2013 sieben Einsätze für zwei Platzverweise „benötigte“.
Pherai löst den Ex-Stuttgarter Schneider ab
Gleich einen Doppel-Rekord stellte Immanuel Pherai auf: Nach seiner Einwechslung vergingen lediglich zwei Minuten bis zur Ampelkarte. Der bis dahin „Schnellste“ war der frühere Stuttgarter Verteidiger Thomas Schneider, der am 24. Oktober 1998 im Spiel beim 1. FC Nürnberg (2:2) in der 86. Minute ins Spiel kam und in der 90. Minute flog, also vier Minuten auf dem Feld war. Hinzu kommt: Zwischen der ersten und der zweiten Karte des Ex-Braunschweigers lagen ganze 42 Sekunden – es ist das schnellste Gelb-Rot der Bundesliga-Historie.
In Hamburg geht es in der Aufarbeitung jedoch viel weniger um Rekorde, auf die alle Beteiligten gern verzichtet hätten, sondern mehr noch um die Auswirkungen. Pherais Einsteigen inklusive Ausrutscher mag noch tölpelhaft gewesen sein, Fabio Vieiras – laut Aussage von Schiedsrichter Daniel Schlager – unentwegtes Meckern und Lamentieren, war, noch dazu bereits in Unterzahl, unentschuldbar. Weil es einen engagierten und leidenschaftlichen HSV der Chance auf einen Punktgewinn beraubte.
Polzins Klagen im Fall Pherai ist nachvollziehbar
Merlin Polzin stellt sich öffentlich vor seine Spieler. Der Trainer sagt, er könne Gelb-Rot für Pherai nachvollziehen, beklagt aber eine Ungleichbehandlung. „Als im ersten Durchgang ein Kölner in unseren Spieler reinrutscht, war das Signal zu unserer Bank, es sei keine Absicht gewesen, weil der Spieler ausgerutscht sei.“ Der 34-Jährige meint eine Szene aus der 13. Minute, als Luka Vuskovic nach einem Tritt von Linton Maina minutenlang am Fuß behandelt werden musste – sie ist tatsächlich absolut vergleichbar, der Verweis auf das ungleiche Strafmaß somit statthaft. Was bleibt ist: Frisch verwarnt, muss Pherai besonnener in das Duell mit Kristoffer Lund gehen.
In der Causa Fabio Vieira fragt Polzin, „ob man einen zweiten Spieler direkt mit Gelb-Rot runterschicken muss, wenn man gerade einen wegen Wegrutschens runtergeschickt hat? Einen, der niemanden beleidigt, sondern nur auf das Kölner Zeitspiel hingewiesen hat, dem gerade kurz zuvor ein Tor aberkannt wurde? Da hätte ich mir Fingerspitzengefühl erwartet.“ Das Gefühl für die Situation muss Polzin aber auch von seinem Profi verlangen können, der laut Schlager mehrfach vorgewarnt wurde. Der Hamburger Trainer bestätigt den Austausch mit dem Referee, bleibt aber bei seinem Standpunkt: „Wir alle haben Interesse, dass das Produkt Bundesliga in die richtige Richtung geht. Diese Entscheidung war für mich nicht im Sinne des Spiels.“ Klar ist: Sie hat dieses Spiel entschieden. Aber in erster Linie hat dies nicht Schlager durch seine Konsequenz, sondern Fabio Vieira durch sein Verhalten zu verantworten.
Gegen den BVB muss Polzin erneut umstellen
Dem HSV ist damit nicht nur ein Schaden für das Spiel in Köln entstanden, sondern auch für den kommenden Samstag. Gegen Borussia Dortmund muss Polzin zwei kreative Kräfte ersetzen, nachdem er in Köln erstmals Fabio Vieira und Albert Sambi Lokonga gemeinsam im Mittelfeldzentrum gebracht hat. Er tat dies, weil Nicolai Remberg für den wegen Wadenproblemen fehlenden Nicolas Capaldo in der Innenverteidigung ausgeholfen hat und sah: Im ersten Durchgang tat Rembergs Fehlen im Mittelfeld der Statik des Hamburger Spiels nicht gut. Nach dem Wechsel zeigten beide Zugänge aus London, wie sehr sie das Offensivspiel im Verbund beleben können. Zumindest gegen den BVB werden sie es zwangsweise nicht tun können. Und das ist in allererster Linie selbstverschuldet.

