Als Mainzer Interimscoach bekommt Benjamin Hoffmann nur die Partie gegen Gladbach. Seinem Enthusiasmus tut das keinen Abbruch.
Die Aushilfslösung strahlt Energie und Ambitionen aus
Anders als Eugen Polanski, sein Gladbacher Gegenüber bei der persönlichen Bundesligapremiere am Freitagabend, wird Benjamin Hoffmann in Mainz nicht die Chance erhalten, vom U-23-Trainer zum Chefcoach der Profis aufzusteigen. Jedenfalls nicht jetzt. Die Interimszeit des 46-Jährigen als Nachfolger des am Mittwoch entlassenen Bo Henriksen bleibt auf die bevorstehenden 90 Minuten beschränkt. Schon am Wochenende, so die Ankündigung von 05-Sportvorstand Christian Heidel, will der Klub eine externe Dauerlösung präsentieren. Der Ex-Unioner Urs Fischer (59) gilt als heißester Kandidat.
Als Notnagel fühlt sich die Aushilfslösung bei den Rheinhessen freilich keineswegs. Das war Hoffmann, der 2023 die Mainzer A-Junioren zur Deutschen Meisterschaft führte, am Donnerstag deutlich anzumerken. Energiegeladen, voller Vorfreude, ambitioniert, aber dabei kein bisschen aufgesetzt präsentierte sich der Fußballlehrer neben Boss Heidel auf der Spieltagspressekonferenz: „Ich habe dieses eine Spiel, muss mich niemandem erklären und kann dabei frei schalten und walten.“
Das schlechte Gewissen der Profis soll als Zusatzmotivation dienen
Was Hoffmann dabei mit jeder Faser ausstrahlte: Das Selbstverständnis, der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Fleck zu sein, ohne dabei irgendetwas zu verlieren zu haben. Als Trainer beim Bundesligadebüt eine sozusagen einmalig komfortable Ausgangsposition – die Hoffmann dazu nutzen will, den verunsicherten 05-Profis „Selbstvertrauen zu geben, die Köpfe frei zu kriegen und auch das Überraschungsmoment mit mir als Person zu nutzen gegen Gladbach“. Neben der Trainingsarbeit auf dem Rasen und der analytischen Vorbereitung auf die Borussia stehen für Nadiem Amiri und Kollegen kurze Videositzungen zur mentalen Stärkung auf dem Programm „mit guten Szenen, auch aus dieser Saison“, so Hoffmann.
Das von Heidel thematisierte schlechte Gewissen der Spieler gegenüber dem menschlich hochgeschätzten Henriksen will der Interimsnachfolger denn auch als Zusatzmotivation heranziehen. Hoffmann: „Wir wollen auch für den Menschen Bo spielen, die Mannschaft ist ihm einiges schuldig.“ Ebenso fühlt sich Hoffmann selbst dem vormaligen Cheftrainer verpflichtet: „Wir haben sehr eng zusammengearbeitet und uns zum Abschied auch nochmal umarmt, Bo hat uns viel Glück gewünscht.“
„Nelly muss die Chance nutzen, dann bekommt er von mir das Vertrauen.“ (Benjamin Hoffmann)
Zu den, wenn auch wohl wenigen, Profis, die Henriksen kein bisschen hinterhertrauern, dürfte unterdessen Eigengewächs Nelson Weiper (20) zählen. Der junge Mittelstürmer wurde mit dem Retter von 2024 nie richtig warm, blieb auch zuletzt außen vor. Hoffmann gilt derweil als Förderer schlechthin des U-21-Nationalstürmers. Ist diesem folglich der Startplatz gegen Gladbach garantiert? „Auf diese Frage habe ich gewartet“, strahlte Hoffmann am Donnerstag. Seine Antwort: „Nelly und ich haben viele schöne Erfahrungen geteilt. Er wird wie alle anderen zwei Einheiten bekommen, um auf sich aufmerksam zu machen. Diese Chance muss er nutzen, dann bekommt er von mir auch das Vertrauen. „
Als mangelnden Vertrauensbeweis gegenüber Hoffmann will unterdessen mancher Beobachter das aktuelle Mainzer Trainerverfahren deuten. Hoffmann selbst mag diesen Eindruck glaubwürdig nicht teilen: „Natürlich sehe ich meine Zukunft weiterhin hier bei Mainz 05. Mir ist der Verein sehr ans Herz gewachsen, und auch meine Familie fühlt sich total wohl.“ Hoffmann, betont Heidel, sei „05er durch und durch“, seine Zeit als Profitrainer werde kommen. Ein erfolgreiches Bundesliga-Intermezzo gegen Gladbach hätte mit Sicherheit das Zeug zu einem weiteren Meilenstein auf dem Weg dahin.

