Es gibt viele Themen beim VfL Wolfsburg. Am Sonntag sprach Geschäftsführer Peter Christiansen ausführlich über die laufende Transferphase, die personelle Situation, seine Ziele und die Erwartungen an die Mannschaft.
Der Däne möchte kein Team, das nach der Saison vergessen wird
Aus Wolfsburgs Trainingslager in Almancil berichtet Thomas Hiete
Seinen persönlichen Aufstieg kann Peter Christiansen an der Wahl des Hotels ausmachen. Schon mit seinen Ex-Klubs FC Aarhus und FC Kopenhagen war der Däne in der Vergangenheit im Trainingslager in Almancil, seinerzeit reichte es aber noch nicht für das Fünf-Sterne-Hotel, in dem der Geschäftsführer nun mit dem VfL Wolfsburg abgestiegen ist. Der 49-Jährige bestellt sich einen Pfefferminztee, bevor er sich den Fragen stellt. Christiansen sprach am Sonntag über …
… die Personalien Ridle Baku und Andreas Skov Olsen: Nach kicker-Informationen hat Ridle Baku die VfL-Verantwortlichen darüber informiert, dass er in diesem Januar zu RB Leipzig wechseln möchte. Der Transfer jedoch hakt. Christiansen erklärt: „Wir machen unseren Job: Wenn uns ein Klub kontaktiert wegen eines Spielers, setzen wir uns zusammen und schauen uns das an. Können wir das tun, ohne unsere Ziele zu gefährden? Werden unsere Erwartungen erfüllt? haben wir einen gleichwertigen Ersatz? Das sind alles Faktoren, die wir beachten müssen, und das immer mit dem Respekt vor dem Spieler und seinen Interessen.“ Die Lösung bei der Frage nach dem Ersatz könnte Christiansens Landsmann Andreas Skov Olsen heißen, den der Manager zu früheren Zeiten auch schon nach Kopenhagen holen wollte. Über den Flügelspieler sagt er: „Natürlich kenne ich diesen Spieler sehr gut, er ist enorm talentiert und hat mittlerweile auch einige Erfahrungen gesammelt.“
Ein Außenverteidiger könnte kommen
… Bedarf im Kader: Mit 31 Spielern ist das Aufgebot schon arg aufgebläht, sieht Christiansen dennoch an einer Stelle Bedarf? „Die einzige Position“, sagt der Boss, „auf der wir in unserem System auch durch den langfristigen Ausfall von Rogerio wahrscheinlich nicht über genügend Breite verfügen, ist die des Außenverteidigers. Das könnte also eine Möglichkeit sein.“ Der Linksverteidiger absolvierte nach zwei Knie-Operationen noch kein Spiel in dieser Saison, er fehlt auch im Trainingslager. Weil der variabel einsetzbare Joakim Maehle aber auf der linken Seite gut funktioniert, kommt womöglich ein neuer Rechtsverteidiger.
„Wenn Nmecha fit ist, ist er ein Topspieler“
… die Zukunft von Lukas Nmecha: Der Vertrag des so häufig verletzten Angreifers läuft im Sommer aus, die Gespräche über eine mögliche Fortsetzung der Zusammenarbeit sind angelaufen. Aber es ist zwangsläufig kompliziert, den Kontrakt mit einem hochgeschätzten Spieler zu verlängern, der in der Vergangenheit kaum zur Verfügung stand. „Ich habe Lukas bislang erst wenig auf dem Trainingsplatz und in den Spielen gesehen, weil ich noch nicht so lange da bin“, sagt Christiansen. „Was ich aber sagen kann, ist: Wenn Lukas fit ist, ist er für mich ein Topspieler. Generell gilt, dass Spieler in der Lage sein müssen, mit der Belastung fertig zu werden. Es geht also auch darum, dass er uns jetzt zeigen muss, dass er fit genug ist, um jedes Training zu absolvieren, Spiele zu spielen, sich eine Startposition zu erkämpfen – das weiß er auch.“ Entsprechend angriffslustig präsentiert sich Nmecha zum Jahresauftakt in Portugal. Bis wann soll eine Entscheidung fallen? „So schnell wie möglich“, antwortet Christiansen. „Er ist in einer guten Form und ich hoffe für ihn, dass er die jetzt für einen längeren Zeitraum halten kann.“
Deswegen war auch NLZ-Boss Gentner in Portugal
… sein erstes Halbjahr als VfL-Geschäftsführer: Christiansen kam im Sommer aus Kopenhagen als Nachfolger von Marcel Schäfer, tauchte tief ein in den Klub, führte Gespräche ohne Ende, durchleuchtet die gesamte Fußball GmbH und verändert Dinge nach seinen Vorstellungen. „Einiges, von dem ich wusste, dass wir es verbessern und den Klub anders aufstellen müssen, wurde mir bestätigt“, sagt der Manager. „Dann gibt es andere Dinge, von denen ich dachte, dass wir vielleicht schon weiter wären, die aber noch mehr Arbeit erfordern. Beispielsweise die Zusammenarbeit mit der Nachwuchsakademie.“ Deswegen weilte NLZ-Leiter Michael Gentner in den vergangenen Tagen ebenfalls in Portugal, ist nun abgereist. „Die Zusammenarbeit zwischen Akademie und Profimannschaft“, betont Christiansen, „muss noch viel intensiver werden. Wir investieren sehr viel in diesen Bereich und müssen das in der täglichen Arbeit noch viel enger verzahnen.“
… die Ziele für die zweite Saisonhälfte: Christiansen spricht von Prozessen, vom Aufbau einer Mannschaft, räumt aber lachend auch ein: „Geduld ist dabei nicht meine Stärke.“ 21 Zähler aus 15 Spielen sind zu wenig für den Boss, Platz 11 ebenso. „Es gibt einen Aufwärtstrend, was die Ergebnisse betrifft.“ Aber das genügt ihm noch nicht. „Wichtig ist, dass wir unabhängig von den Ergebnissen intern konsequent Prozesse und Strukturen aufbauen, von denen wir nachhaltig profitieren. Aber das darf natürlich kein Alibi für fehlende Ergebnisse sein.“ Viele davon sollte es nicht mehr geben, der Boss hält am Saisonziel Europa fest.
„Wir haben unsere Saisonziele immer im Blick. Wir wollen einen europäischen Wettbewerb erreichen und es ist unsere Einstellung, dass wir dieses Ziel in Angriff nehmen und uns darauf fokussieren.“ Gleichzeitig verliert der Däne den Tabellenkeller nicht aus den Augen: „Wenn man aber über beispielsweise einen Monat lang schlechte Ergebnisse einfährt, kann man schnell sportlich ein Problem bekommen.“
„Ich glaube, dass wir bessere Spieler als viele andere Mannschaften haben.“ (VfL-Manager Peter Christiansen)
… die Entwicklung der Mannschaft: Christiansen hat hohe Erwartungen. An alle. Mitarbeiter wie Spieler. Die Partie kurz vor Weihnachten gegen Dortmund (1:3), als der VfL in wenigen Minuten die drei Gegentreffer kassierte, missfiel ihm. „Die Spieler müssen verstehen, dass das passiert, wenn sie nicht einhundertprozentig bei der Sache sind. Das ist der Unterschied zwischen einer Mannschaft, die tatsächlich etwas erreicht, und einer, die nach der Saison vergessen wird.“
Der 49-Jährige unterstreicht: „Für mich ist das die größte Aufgabe. Wir müssen hohe Ambitionen haben, um dorthin zu kommen, wo wir irgendwann sein wollen. Wenn diese hohe Erwartungshaltung nicht von außen kommt, dann muss der Druck von innen, von uns kommen. Ich glaube, dass wir bessere Spieler als viele andere Mannschaften haben. Aber das müssen sie jedes Mal wieder unter Beweis stellen.“ Dafür verlangt der Chef eine extrem hohe Eigenmotivation. „Wenn ich mit einem Spieler spreche, möchte ich immer wissen, was sein Antrieb ist, welche Ziele er verfolgt. Ich möchte wissen, was er erreichen will. Wenn er das nicht beantworten kann, dann ist es Zeitverschwendung.“